Der Gerichtshof der Europäischen Union

Wächter über das EU-Recht

 

Aufgabe
juristische Beurteilung von Rechtssachen
Gerichtshof
ein Richter aus jedem EU-Mitgliedstaat; acht Generalanwälte
Gericht für den öffentlichen Dienst
sieben Richter
Sitz
Luxemburg

 

Allgemein

Der Gerichtshof der Europäischen Union gewährleistet, dass das EU-Recht in allen Mitgliedstaaten einheitlich ausgelegt und angewandt wird. Das Recht soll für alle unter allen Umständen gleich sein. Hierzu überprüft der Gerichtshof die Rechtmäßigkeit der Aktivitäten der EU-Institutionen. Er stellt sicher, dass die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen nachkommen. Und er legt das EU-Recht auf Ersuchen nationaler Gerichte aus.

Der Gerichtshof der EU ist befugt, in Rechtsstreitigkeiten zwischen EU-Mitgliedstaaten, EU-Institutionen, Unternehmen und Privatpersonen zu entscheiden. Damit er die vielen Tausend ihm vorgelegten Rechtssachen bewältigen kann, besteht der Gerichtshof der EU aus zwei Hauptorganen:

  • dem Gerichtshof, der Vorabentscheidungsersuchen nationaler Gerichte, bestimmte Nichtigkeitsklagen und Rechtsmittelanträge behandelt,
  • dem Gericht, das in allen Nichtigkeitsklagen von Privatpersonen und Unternehmen sowie in bestimmten ähnlichen Klagen von Mitgliedstaaten urteilt.

Ein Sondergericht, das Gericht für den öffentlichen  Dienst, entscheidet in Rechtsstreitigkeiten zwischen der EU und ihren Beamten.

Funktionsweise

Der Gerichtshof verfügt über 27 Richter, einer aus jedem Mitgliedstaat. So sind alle nationalen

Rechtsordnungen der EU vertreten. Dem Gerichtshof stehen acht „Generalanwälte“ zur Seite. Diese legen in den beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen mit Gründen versehene Gutachten vor. Dies müssen sie öffentlich und unparteilich tun. Bei den Richtern und Generalanwälten handelt es sich entweder um ehemalige Mitglieder der höchsten nationalen Gerichte oder um hoch kompetente Juristen, die nachweislich unparteilich sind.

Regierungen der Mitgliedstaaten ernennen sie in gegenseitigem Einvernehmen für eine Amtszeit von sechs Jahren.  Die Richter des Gerichtshofs wählen aus ihrer Mitte einen Präsidenten für die Dauer von drei Jahren. Je nach Komplexität und Bedeutung der Rechtssache kann der Gerichtshof in Vollsitzung, als „Große Kammer“ (13 Richter) oder in Kammern mit fünf oder sechs Richtern tagen.

Das Gericht setzt sich ebenfalls aus 27 Richtern zusammen. Die Mitgliedstaaten ernennen sie für die Dauer von sechs Jahren. Auch die Richter am Gericht wählen aus ihren Reihen einen Präsidenten für eine Amtsperiode von drei Jahren. Das Gericht tagt bei Anhörungen in Kammern mit drei oder fünf Richtern (gelegentlich nur einem Richter).

Alle Klagen werden bei der Kanzlei am Gerichtshof eingereicht und einem bestimmten Richter und

Generalanwalt zugewiesen. Auf die Einreichung folgen zwei Phasen: ein schriftliches und ein mündliches Verfahren.

In der ersten Phase legen alle beteiligten Parteien dem für die Rechtssache zuständigen Richter eine schriftliche Erklärung – den Schriftsatz – vor. Der Richter erstellt daraufhin einen Bericht, in dem er diese Schriftsätze und die rechtlichen Grundlagen des Falls zusammenfasst. Die Vollversammlung des Gerichtshofs der EU erörtert diesen Bericht . Die entscheidet,

  • welchem Spruchkörper die Rechtssache zugewiesen wird und
  • ob eine mündliche Verhandlung erforderlich ist.

Die zweite Phase ist die öffentliche Anhörung. Bei der Anhörung tragen die Anwälte beider Parteien ihre Ausführungen den Richtern und dem Generalanwalt vor. Diese können die Anwälte befragen. Nach der mündlichen Verhandlung fertigt der Generalanwalt, dem die Rechtssache zugewiesen wurde, ein Gutachten an. Auf Basis dieses Gutachtens erarbeitet der Richter einen Urteilsentwurf. Die anderen Richtern prüfen den Entwurf. Anschließend beraten sich die Richter und erlassen ihr Urteil.

Die Urteile des Gerichtshofs der EU werden mit Stimmenmehrheit beschlossen und in öffentlicher Sitzung verkündet. In den meisten Fällen liegt der Wortlaut in allen Amtssprachen der EU am selben Tag vor. Abweichende Meinungen werden nicht bekannt gegeben. Nicht alle Rechtssachen werden nach diesem Standardverfahren behandelt. Je nach Dringlichkeit einer Rechtssache gibt es vereinfachte und beschleunigte Verfahren, die es dem Gerichtshof der EU ermöglichen, innerhalb von rund drei Monaten zu entscheiden.